"Wie Münster... Nur mit Waffen"

Samstag, November 25, 2006

Insel am Ende




Ich habe lange überlegt, ob das der letzte Blog-Eintrag werden soll oder nicht. Er soll es nicht werden, allerdings wird es wohl der letzte aus Belfast werden.

Der letzte Eintrag hier liegt nun schon fast einen Monat zurück, meine Schreibfaulheit bitte ich zu entschuldigen.
Ich kann sie sogar erklären.
Da war zunächst diese Sache mit der Doktorarbeit. Da habe ich mich doch wirklich mal rangesetzt und habe ein wenig was zustande gebracht. Nicht viel, aber steter Tropfen nässt das Bein, von daher… Es geht voran, aber man muss sich wirklich zwingen.
Außerdem war ich in Berlin für eine Woche, wie ja die meisten irgendwie mitbekommen haben werden. Der Oma geht es mittlerweile wieder besser, nach allerlei Gestreite, Telefoniererei und Drohungen unsererseits hat man sich dann doch im Wenckebach-KH dazu breitschlagen lassen, einen AHB-Antrag zu stellen. Was damit nun passiert, weiß nur die AOK und der liebe Gott.
Die Arroganz, sich zu weigern, wenigstens den ANTRAG zu stellen, hat mich echt aus den Socken gehauen. Ich fand es recht bezeichnend, dass ich mehr über das Ausfüllen von AHB-Anträgen wusste als die Stationsärztin… Da danke ich doch dem MLK und Dr. C. für die „gute Schule des AHB-Antrag-Stellens im integrierten Versorgungsmodell“.

Die Woche in Berlin war zwar nett, aber auch sehr anstrengend. Ich habe selten in einer Woche so wenig geschlafen und so viel im Stau gestanden. Diese Stadt ist der KILLER mit einer Karre!
Die Stau-Geschichte ging nun so weit, dass ich am Donnerstag fast schon Angst hatte, meinen Flieger zurück nach Belfast zu verpassen. Zwar durfte ich dann in Gruppe „D“ einchecken, aber geschafft habe ich es dann doch noch.
Alles in allem war die Woche gut, vor allem wegen der Oma, ich hätte hier wahrscheinlich eine Meise bekommen, wenn ich mir nicht hätte ein Bild machen können. Es war auch gut zu sehen, dass sie sich in der einen Woche deutlich verbessert hat. Jetzt müssen wir schauen, wie es weitergeht und was die Krankenkasse sagt.
Auf jeden Fall ein Dank an alle, die mir eine gute Zeit in Berlin beschert haben und die ihre Zeit geopfert haben, mit mir ein paar Stunden zu verbringen oder mir einfach nur ihr Ohr geliehen haben.

Was macht nun Belfast?
In guter Tradition: Das Wetter ist aktuell sehr gut, deshalb sitze ich auch vor dem Rechner. ;-)
Sonst ist es aber langsam echt mies hier wettermäßig, letzte Woche hat es oben auf den Hügeln geschneit. Ich dachte erst, dass es „nur“ Wolken wären bzw. ich absolut ein opthalmologisches Konsil nötig hätte. War aber nicht so, als mein Consultant während der Ward Round dann zu einem der Patienten sagte: „I think you’d rather stay with us for another day, the weather is so dreadful, we’re even having snow on the hills, so I think it’s reasonable to stay in with us…“
Ergo: Ich hab’s nicht mit den “Oojen” wie der Berliner sagen würde. Ist auch schön zu wissen.
Ich bin momentan auf der Nephrologie, was ja eigentlich gar nicht so ganz korrekt ist. Die Nephrologen kümmern sich zwar rührend um mich, aber Patienten sind auch chirurgische auf der Station, was ich nicht so schlecht finde, die parken dort oben nämlich alles ab, was irgendwie das Wort „Niere“ dran hat. Von Dialyse bis Nieren-Tx gibt es dort alles und es ist sehr interessant.
Ich habe den grausamen Fehler gemacht zu erwähnen dass es doch kürzlich einen Pressetext der Charité gab, in dem ein nicht näher genannter Professor „unserer Charité“ eine Studie zum Thema Kontrastmittelinduziertes Nierenversagen rausgebracht hat. Tja, das Ding habe ich jetzt auf meinem Tisch liegen, ebenso ein Editorial aus dem JAMA. Gestern bekommen, lesen und aufarbeiten bis Montag, Donnerstag wahrscheinlich in der Abteilungsfortbildung vorstellen. Dabei weiß ich über Nieren eigentlich nur, dass man zwei davon hat. OK, ein wenig mehr weiß ich schon, aber ich frage mich nach wie vor, was passieren würde, wenn hier mal jemand vorbeikommt, der WIRKLICH Ahnung hat. Ich bin geschockt. Auf jeden Fall habe ich jetzt ein Hintertürchen wenn das mit der Trauma doch nichts werden sollte, mir wurde angetragen, dass ich gerne wiederkommen darf falls ich doch irgendwann mal einen PhD machen wollen würde. HALLO???! Nierenheilkunde? Ich glaube, Heiner Marin hatte recht, als er mir letztes Jahr sagte: „Andrea, Du warst immer wahnsinnig faul, aber Du konntest Dich immer gut verkaufen…“ Ich sag es ja nicht gerne, aber ich glaube, dass er Recht hatte. Wie eigentlich immer. Keule, wie grausam ist das, so etwas zu erkennen?

Vom Arbeitsplatz mit Aussicht mal weg, wir haben am letzten Montag Sinas’ Geburtstag gefeiert. Noch mit grausamen Erinnerungen an mein defektes Kleinhirn der letzten Woche geschlagen (kudos to Susi, Thomas, Jonna und die Finnenrockerbraut…), habe ich mich beim Allohol zurückgehalten um am nächsten Tag Arbeitsfähigkeit zu gewährleisten. Hat dann auch geklappt, als es richtig schräg wurde bin ich nach Hause gegangen. Aber die Feierkondition der Eingeborenen beeindruckt mich immer wieder. Bis um 2h morgens lattenstramm rumrennen und morgens um 9h wieder wie aus dem Ei gepellt im Kurs sitzen oder auf Station aufschlagen. Amazing stuff.
Überhaupt ist hier momentan Geburtstagssaison. Heute hat John Geburtstag und wir werden uns später auf den Weg nach Irgendwohin machen (der Ort ist mir nicht genannt worden, aber egal) und für wahrscheinlich viel Geld speisen und dann in eine Bar weiterdiffundieren, wo wir uns dann wohl aus dem Leben schießen werden. Eigentlich wollte ich morgen ins Krankenhaus, ich denke, dass ich das auch machen muss, hab ja ein wenig Zeit zu kompensieren. Mal schauen.

Was kann man sonst „am Ende“ sagen? Hat jemand von Euch „L`auberge espagnole“ gesehen? Falls dem so sein sollte: Genau so ist es. Viel Zeit hier verbracht und wie soll man ein Gefühl rüberbringen? Darüber reden ist schwer, es seie denn, man hat mehrere Wochen dafür Zeit. Aber auch das wird nicht reichen.
Man verändert sich wenn man seine Umgebung verlässt und ich weiß, dass das auch bei mir der Fall ist. Ob zum Guten oder zum Schlechten kann man dabei nicht wirklich sagen, aber: Ein wenig Zeit von zuhause weg bringt immer Benefit in Sachen „Wer bin ich wirklich und was will ich machen?“ Ersteres kann ich mittlerweile halbwegs gut beantworten, Teil 2 der Frage ist momentan schwierig zu beantworten. Ich weiß momentan nur, dass ich DRINGEND wieder in den OP muss, sonst sehe ich für meine chirurgischen Ambitionen echt schwarz. Nachher ende ich wirklich noch in der Inneren, und ob ich das wirklich will… Eigentlich nicht. Vielleicht wird es am Ende doch nicht die Herausforderung, sondern die Bequemlichkeit. Let’s wait and see, shall we?

Chicago, here I come…

Bis bald in Berlin oder sonst wo in diesem Theater.
Danke fürs Lesen.

1 Comments:

At 1:55 PM, Blogger fichtenmoped said...

Liebe Piratin,

ich waere ja gerne nach London gekommen, aber Chicago droht mir ein Schwarzes Loch in die Kasse zu reissen (Wenn ich nicht in einem ebensolchen wohnen moechte). Ausserdem will ich mal wieder in meinen eigenen Bett schlafen.

Euch wuensche ich viel Spass auf Insel Nr. 1.

Wir sehen uns im Dezember zuhause.

Viele Gruesse an den Anhang.

 

Kommentar veröffentlichen

<< Home